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Ökumenische Begegnung zum Tag der Region am 03.10.2008


Tagungssaal zum "Lebensraum der kurzen Wege"

3. Oktober 2008: Am Petersberg bei Erdweg wurde wieder der „Tag der Region(en)“ ausgerichtet, der den Landkreisbewohnern ihre „Wurzeln in der globalisierten Welt“ aufzeigen will, ein Ereignis, das dazu dient, den „Lebensraum der kurzen Wege“ und die „Nachhaltigkeit im Umgang mit der Natur“ ins Bewusstsein des Konsumenten zu rücken.

Basilika Petersberg

Es würde in diesem Rahmen zu weit führen, alle Informationsstände, Workshops und das ganze liebevoll ausgedachte Drumherum auch nur aufzuzählen. Aber: Die beiden großen christlichen Kirchen unterstützen die Anliegen und die Ziele und schlossen sich mit ihrem „Tag der Begegnung“, einem Ökumenischen Kirchentag im Miniformat, an. Darüber soll hier berichtet werden.

Gospelchor der Friedenskirche Dachau (1)


Den Beginn des Programms bildeten der Ökumenische Gottesdienst um 10 Uhr in der Basilika und zeitgleich ein Ökumenischer Kindergottesdienst im Oberen Tagungshaus. Zelebranten in der Basilika waren Dekan Wolfgang Borm, Dekan Uli Seegenschmiedt, Pfarrer Josef Mayer und Pfarrer Stefan Pickart. Der Gospelchor der Friedenskirche bereicherte die Feier durch schwungvolles Musizieren mit klangschöner Harmoniefülle.

Gospelchor der Friedenskirche Dachau (2)


Ausgehend von der Geschichte Isaaks in Gerar (Genesis 26,12-22), in der es Zank und Streit um Brunnen und Wasserquellen gibt, zog Erntekrone vor dem Altar in der BasilikaDekan Seegenschmiedt in seiner Predigt Parallelen zu Konfliktthemen im gegenwärtigen Wirtschafts-leben: zur Vergeudung von Wasser, zur Brutalität der Macht, zum Verdrängungswettbewerb, zur Unvereinbarkeit von „Geiz ist geil“ und „Nachhaltigkeit“. Er forderte auf zur Umkehr vom pausen- losen Konsumieren, von dem Wunsch, alles sofort besitzen zu wollen. Das Warten, die Pause, die Geduld müssten wieder erlernt werden.

Seegenschmiedt führte den Gedanken aber auch weiter ins Religiöse und verglich das Zuschütten von Brunnen und Quellen mit der Zerstörung von Tradition, von geistlichen Brun- nen und Glaubensquellen. Und er fügte hinzu, unsere Seele brauche natürlich mehr als einen „Schluck Wasser“. Die Menschen müssten beständig nach Brunnen graben, nach Quellen suchen – nach den Quellen des Glaubens.

Auch im ökumenischen Aus- tausch dürfen sich die beiden Konfessionen, fordert Seegen-schmiedt, nicht „die Brunnen streitig machen“. Es müsse vermieden werden, auf dem Standpunkt des „Nur wir sind Kirche!“ und „Nur wir haben den rechten Glauben!“ zu verharren. Die Kirchen sollten gemeinsam nach den Adern des Lebens suchen.


Die Zelebranten hinter dem Altar mit der Erntekrone

Die Fürbitten, die aus der Mitte der Gemeinde heraus vorgetragen wurden, gingen – klarer Fall – auch aus der Thematik „Lebensräume“ hervor: „Mache uns sensibel in unserem Verhalten gegenüber der Umwelt und gib uns Ehrfurcht vor der Einzigartigkeit der Natur.“ „Hilf uns, sehend zu werden, wie wir mit unserem Verhalten und unserem Schweigen den Menschen in den Entwicklungsländern die Lebensgrundlagen entziehen, und mache uns fähig, allen Menschen auf der Erde das Leben zu ermöglichen.“ Statt Eucharistie oder Abendmahl gab es nach dem Friedensgruß ein gemeinsames Mahl mit Brot aus dem Dachauer Land und frischem Quellwasser – ohne Einsetzungsworte, ohne Wandlung.

Die Gemeinde

Mittlerweile sind die „Lebensräume der kurzen Wege“ in paradoxer Umkehrung der Wortbedeutung auch für die Kirchen zu einem höchsteigenen Problem geworden, denn angesichts von Mitgliederschwund und Priestermangel Andreas Kreutzkamwird es immer schwieriger, die Kirche „im Dorf“ zu lassen, also die kleinen Pfarreien in unmittelbarer Nachbarschaft zu den Gläubigen am Leben zu erhalten. Andererseits, in nochmals völlig anderem Kontext, wird mit Anerkennung und Dankbarkeit vermerkt, dass in der Ökumene die „kurzen Wege“ schon Alltag sind: An der Basis ist der direkte ökumenische Kontakt so eng und selbstver-ständlich geworden, dass ein „Noch mehr“ wohl eher bloß noch die Unterscheidbarkeit der Konfessionen verwischen würde. Mit Spannung wurde deshalb das Podiumsgespräch des katholischen Weihbischofs Dr. Bernhard Haßlberger und des evangelischen Dekans Uli Seegenschmiedt um 13 Uhr erwartet. Folgende Themen waren vom Moderator Andreas Kreutzkam vorgegeben worden:
– Umbrüche in Kirche und Gesellschaft
– Ökumenischer Kirchentag München 2010
– Klimawandel als Herausforderung für Bürger, Kirchen und Kommunen

Das Podium im Gespräch

Weihbischof Haßlbergers Statements kurz zusammengefasst: Der Priestermangel wird die Ausbildung und den Einsatz vieler Laien erfordern, z. B. als Wortgottesdienstleiter oder für die Bibelkreise. Das Erzbistum schätzt sich glücklich, dass so viel Bereitschaft zum ehrenamtlichen Einsatz vorhanden ist. Auch wenn Pfarreien zu Pfarrverbänden zusammengelegt werden, sollen die Identifikationsorte, wo sich Menschen Weihbischof Dr. Haßlbergersammeln, bestehen bleiben. Die Alten und die Kleinkinder, also die weniger Mobilen, dürfen nicht im Stich gelassen werden. Das „Zukunftsforum“ soll Lösungen dafür finden. Kirchengebäude, diese Kleinodien, werden nicht geschlossen oder gar verkauft. Der Weihbischof sprach davon, dass in der Stadt Dachau künftig wohl nur noch zwei Pfarrverbände bestehen werden. Das läuft aber vor allem auf eine Bündelung der Aktivitäten im Bereich Erwachsenenbildung, Jugend usw. hinaus. Die Zahl der Kirchen wird nicht und die Zahl der Gottesdienste wird möglichst wenig angetastet. Dr. Haßlberger stimmt mit Herrn Dekan Seegenschmiedt überein, dass vieles in der Ökumene erreicht worden sei. Aber auch retardierende Momente hätten ihren Sinn. Gegenwärtig sei es wichtig, die vielen Orthodoxen, die aus dem Ostblock zu uns drängen, einzubeziehen. Der Ökumenische Kirchentag bietet die Chance, gemeinsam in die Gesellschaft hinein zu wirken, gemeinsame Strategien aufzubauen und sicher auch gemeinsame Initiativen weiterzuentwickeln. Er setzte sich auch dafür ein, trotz der Ängste nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 einen Brückenschlag zwischen den Kulturen, also auch zum Islam hin, anzustreben. Herr Dr. Haßlberger betont, dass dem Ordinariat ökologische Ideen wichtig sind. Das Erzbistum hat im Jahr 2007 für ökologische Baumaßnahmen 10 Millionen Euro ausgegeben und wird 2008 noch einmal 8 Millionen für ökologisch vorteilhafte Umbauten einsetzen. Er möchte aber bei den Problemkreisen Umwelt und Klimawandel auch die größeren Zusammenhänge berücksichtigt wissen. Und es soll ein Umdenken gefördert werden: Gute Nahrungsmittel sind wertvoll und haben ihren Preis. Ein Brotlaib ist eine Kostbarkeit.

Das Resümee von Dekan Seegenschmiedts Ausführungen: Hauptamtlicher Nachwuchs an Geistlichen besteht im evangelischen Bereich nicht. In Zukunft werden aber vielleicht benachbarte evangelische und katholische Gemeinden einen gemeinsamen Kirchenmusiker anstellen und sich die Kosten teilen. Auch könnten zum Beispiel Chöre zusammengelegt werden, wenn separat nicht genügend Sängerinnen und Sänger zusammenzubekommen sind.Dekan Seegenschmiedt
Erwachsenenbildungsprogramme etc. werden nicht mehr durch jede einzelne Gemeinde organisiert werden können. Aber ein Ansprechpartner muss vor Ort sein. Nicht die Einzelgemeinde ist wichtig, die Kirche muss in der Fläche gut sein. Das Volk Gottes soll mobil sein, nicht ein Volk der Immobilienbesitzer. Wenn die Kirche nicht mehr zu den Menschen kommen kann, dann gilt das Wort von Jesus: „Kommet her zu mir alle, die ihr mühselig und belastet seid ...“ (Mt 11,28), dann ruft die Kirche die Gläubigen zu sich. Für den Ökumenischen Kirchentag schwebt Seegenschmiedt vor, dass die Christen nach außen erkennbarer werden sollen. Die Gemeinsamkeiten im PRO und im Protest sollen betont werden. Eine Kontroverse wie um die Eucharistiefeiern beim Berliner Kirchentag soll es in München nicht geben. Seegenschmiedt verwahrte sich vehement dagegen, die Terroranschläge dem Islam in die Schuhe zu schieben. Die Anschläge hätten genau so wenig mit dem Islam zu tun wie die Kreuzzüge mit dem Christentum. Politiker und geistliche Führer hätten Vorurteile geschürt, der US-Präsident in missionarischem Übereifer Kriege begonnen. Seegenschmiedt fordert dazu auf, aufeinander zu zu gehen, Andersgläubige regelmäßig zu den eigenen Festen einzuladen. Dass Lebensmittelgrundstoffe zu Kraftstoffen verarbeitet werden, bezeichnet der Dekan aus schöpfungs-ethischen Gründen als fatale Fehlentwicklung. Der Konsument habe zwar Macht, aber hier kann es nicht ohne politische Vorgaben, nicht ohne Eingreifen der Politik vorangehen.

Basilika von Südosten

Zum Abschluss des Kleinen Kirchentags, um 16.30 Uhr, wurde zum Taizégebet in der Basilika gerufen. Der Ökumenische Taizé-Kreis Odelzhausen hatte die Andacht gestaltet und dafür seine fast mannshohe, farbige Taizékreuz-Ikone aufgestellt.
                                                                                                                                                       D.R.