Das Judentum
Die älteste der abrahamitischen Religionen, also der Religionen, die auf dem Patriarchen Abraham fußen, ist das Judentum. Vieles lässt sich darüber schreiben, hier also nur einige Stichworte:
Bleibende und verbindliche Erinnerung des Judentums an die eigene Geschichte ist neben der Berufung und dem Aufbruch Abrahams durch Gott aus Ur in Chaldäa die Befreiung aus dem Sklavenhaus Ägypten. Der Exodus ist das Leitwort für den Aufbruch in eine neue Freiheit und in das Land, wo Milch und Honig fließen.
Der Gott Israels ist darum immer auch ein Gott, der nicht nur religiös verehrt werden will, er will im Bund mit seinem auserwählten Volk alltäglich leben. Es gibt deshalb keine Trennung der Lebensbereiche. Alles hat mit Gott und dem Bund zu tun. Die Propheten werden darüber wachen und die Missstände anmahnen. Darum – nur darum – gibt es die vielen Gesetze und Vorschriften, an denen Jesus sich immer wieder stößt: Sie dienen dazu, diesen Gottesbund gegenwärtig zu halten und ihn im Alltag zu praktizieren. Die Gesetze des Judentums sind nicht Gängelung oder Freiheitseinschränkung. Sie wollen bis hinein in die Reinigungsvorschriften Gottes Bund lebbar und erkennbar machen.
Der Gott Israels darf nicht abgebildet und erst recht nicht sein Name direkt ausgesprochen werden. Umschreibungen dienen der Bezeichnung und Anrede. J A H W E heißt: „Ich bin der, der ich bin“ – Jahwe also ist der „Ich-bin-da-Gott“: konkret in der Gegenwart unserer Geschichte, wenn vielleicht auch anders, als wir es uns wünschen. Er ist Gott – kein Wunsch-Gott!
Der Messias (= der Christus) ist jene Person, die – von Gott kommend – am Ende der Zeit das Gottesreich vorbereitet: als priesterliche, prophetische und königliche Figur. Jesus Christus, den die Christen als Messias bekennen, ist für das Judentum nur ein Prophet. Der Messias steht nach jüdischem Denken immer noch aus. Allerdings: es ist nicht der Glaube an die Auferstehung, die Juden und Christen trennt. Es ist das Messiasbekenntnis, das die Wege trennt.
Und ins christliche Stammbuch geschrieben sei: Jesus von Nazareth – er war Jude durch und durch. Das könnte auch den Weg im christlich-jüdischen Gespräch weisen, das durch die historischen Ereignisse so belastet ist.
Literaturhinweis zum Judentum:
Küng, Hans: Das Judentum, München 1991 (1. Auflage)
Sehr ausführlich, sehr verständlich, sehr informativ
Peter Heimann
im Pfarrbrief Sommer 2002
Der Koran – die Heilige Schrift des Islam
Der Koran beansprucht, Heilige Schrift zu sein - also unmittelbar von Gott zu stammen. Es bedarf nach islamischem Verständnis deshalb auch keinerlei Übersetzung, keinerlei Interpretation oder gar einer historisch–kritischen Auslegung durch Theologen. Nein, wörtlich hat Mohammed die Suren von Allah empfangen und aufgeschrieben. Im wörtlichsten Sinn ist es Gottes Wort, und das ist anzunehmen und zu befolgen. Verehrung und Gehorsam sollen dem Koran entgegengebracht werden.
Neugierig habe ich ihn in die Hand genommen und darin gelesen. Mein Eindruck: Vermutlich versteht ihn niemand von uns ohne Anleitung so recht. Aber dennoch: Allah beansprucht, Gott aller Religionen zu sein, besonders der Schriftreligionen Judentum und Christentum. Auch wenn Jesus nicht Gottessohn sein kann. Denn es gibt nur einen Gott: Allah! Auferstehung, Gericht, Paradies – all diese uns gut bekannten Wörter tauchen auf. Die Erde ist uns zum Nießbrauch gegeben und der Mensch ein Pilger hier auf Erden, der den Willen Allahs lebt.
Was mir auffällt: Es gibt keine erzählerischen Einheiten wie etwa die Gleichnisse Jesu, die auf ihre Weise Botschaft transportieren. Es herrscht stattdessen eine Tonlage zwischen Anweisungen an die Menschen, Gesetzesregelungen und ein preisender, theozentrischer Ton vor. Und dem entspricht nur eines: Die Hingabe, Unterwerfung (= d.i. „Islam" auf Deutsch). Was mir weiter auffällt: Frauen haben im Koran zwar eine geregelte Rechtsstellung. Aber die ist allemal patriarchalisch. Die Stellung der Frau ist nicht gleichwertig mit der des Mannes, immer ist die Frau schlechter gestellt (Eherecht, Scheidung, Erbrecht). Kommt nicht hier ein Problem durch, das auch die Bibel zum Teil kennt? Die Offenbarung erging zu einer bestimmten Zeit an Mohammed, einer Zeit mit bestimmten Regeln und Selbstverständnissen – und diese Zeit mit ihren Selbstverständnissen gibt es nicht mehr. Es hat sich vieles verändert seither.
Mit Ignoranz kann man dieser Veränderung auf Dauer nicht begegnen. Dann wird es für den Islam genauso wichtig wie für das Christentum, die Menschen heute zu erreichen, um nicht in Isolation oder Islamismus zu verfallen.
Peter Heimann
im Pfarrbrief Advent 2001
Buddha und Christus – zwei Wege
Siddharta Gautama Buddha (563 – 483 v. Chr.) und sein Weg sind für Christen die künftige Herausforderung. Oft wird der Buddhismus im modernen Europa verstanden als Erweiterung von Lebenschancen. Weltüberwindung und Askese werden übersehen, und aus der Lehre der Wiedergeburten wird so eine missverstandene Lehre der Lebensvermehrung.
Anders als Jesus hat Buddha eine aristokratische und wohlhabende Herkunft. Armut und Entbehrung lernt er erst kennen, als er mit 29 Jahren die Familie verlässt, um als „Hausloser“ zu leben: Armut, Askese und das Bemühen um den Ausstieg aus dem Kreislauf der Wiedergeburten prägen nunmehr sein Leben.
Mit der Erkenntnis der 4 Wahrheiten findet er seinen eigenen Weg:
1. Leidvoll sind Geburt, Altern, sprich: das Leben selbst.
2. Dienst am Werden erneuert das Leid.
3. Leidenschaftslosigkeit überwindet das Leiden.
4. Der achtgliedrige Pfad gilt als Weg zur Aufhebung des Leidens. Dazu gehören u. a. rechte Anschauung und Gesinnung, rechtes Wort und rechte Tat, rechtes Sich-Versenken.
80-jährig stirbt Buddha in hohem Ansehen. Seine letzten Worte: „Dem Verfall unterworfen sind die zusammengesetzten Dinge; strebt ohne Unterlass.“
Jesu Weg geht in eine andere Richtung: Es ist der Weg mit den, zu den und für die Menschen. Reich Gottes ist nicht eine individuelle Glückseligkeit, sondern ein Gott-Mensch-Zusammenspiel. Jesus Christus als Weg Gottes geht in die Menschengeschichte ein statt aus ihr heraus.
Gott als Schöpfer, Retter und Erhalter allen Lebens will mit den Menschen sein; deshalb sein Name: „Jahwe – ich bin da.“
Dieser kurze Aufriss kann nicht vollständig sein. Es wird d i e Aufgabe der Kirche und der Theologen sein, mit dem Buddhismus ins Gespräch zu kommen und im Gespräch zu sein, wenn es um einen Weltfrieden und ein Weltethos geht. Anknüpfungspunkt für dieses Gespräch ist die Einsicht des Buddha: Alles ist vergänglich – Selbstlosigkeit ist der Weg zum Mitleid. Dieser therapeutische Ansatz soll der Welt zugutekommen.
Literaturhinweis:
Stefan Schlager: Christen und der Buddha – eine Entdeckungsreise, Linz 2001
Peter Heimann
im Pfarrbrief Ostern 2002